Erde ohne Torf!

Quelle: Pixabay

Gestern stand Erde kaufen auf meinem Zettel. Eigentlich habe ich zwei Komposter, aber zurzeit ist kein Kompost reif. Außerdem brauchte ich Anzuchterde, also ein spezielles Substrat, das im Gegensatz zu meiner unreifen Komposterde nicht nur strukturstabil, samen- und pilzfrei ist, sondern auch nährstoffarm, denn Keimlinge vertragen zu viele Nährstoffe schlecht.

Also auf zum nächsten Bau- und Gartenmarkt! Als ich dann in der, man kann es schon fast „Erdenabteilung“ nennen, stand, konnte ich beobachten dass da jetzt im Frühling zum Start der Gartensaison Wagen für Wagen mit torfhaltiger Erde beladen und rausgerollt wurde. Torf in rauen Mengen! Bei dem Versuch mir vorzustellen, welche Mengen das auf ganz Deutschland bezogen sind, wurde mir schwindelig. Sofort kribbelte es in meinen Schreibfingern! Was mich besonders beschäftig ist die Frage, ob all diese Erdenkäufer wissen was sie mit ihrer Entscheidung für Torf im Garten in Kauf nehmen? Höchste Zeit also für einen Artikel zum Thema „Erde im Zukunftsgarten“.

Das einzige was für meinen Zukunftsgarten in Frage kommt war leider wieder einmal nur in einer kleinen Ecke zwischen all den anderen Erden zu finden: Torffreie Erde! Und torffreie Anzuchterde zu bekommen ist noch einmal schwieriger als beispielsweise Pflanzerde zu kaufen. Torf ist leider immer noch in der überwältigenden Mehrzahl der angebotenen Erden zu finden. Zusätzlich steckt Torf in vielen Presstöpfen für die Sämlingsanzucht und in den Wurzelballen der meisten Pflanzen, die du in konventionellen Gartencentern, Gärtnereien und Baumschulen kaufst. Dabei gehört Torf nicht in unsere Gärten, sondern dahin, wo er entstanden ist: Ins Moor. 

Die Tatsache, dass Substrat ohne Torf immer noch ein „Nischenprodukt“ ist, empört mich. Mir geht das Umdenken auch in diesem Bereich nicht schnell genug, denn eigentlich haben wir keine Zeit zu verlieren, wenn es um unser Klima geht. 

Was ist Torf genau und wie entsteht er?

Ein intaktes Moor. Quelle Pixabay

Torf besteht aus unvollständig oder gar nicht zersetzten Pflanzenresten, darunter vor allem aus Torfmoosen. Damit er entstehen kann, braucht es eine Umgebung unter Wasser mit Sauerstoffknappheit und niedrigem PH Wert (ein saures Milieu). In Wiese, Wald oder in deinem Garten sorgen normalerweise zahlreiche Organismen wie Regenwürmer, Asseln, Springschwänze, Pilze, Bakterien und viele weitere dafür, dass abgestorbenes organisches Material rasch zersetzt wird (2). Da Moore durch Grundwasserspeisung und oder Regenwassereintrag wassergesättigt sind, entsteht eine Umgebung unter Sauerstoffabschluss, in der die Organismen, die normalerweise abgestorbene Pflanzen zersetzen würden, nicht oder nur sehr schlecht leben können. Deshalb lagert sich im Laufe der Zeit eine immer dicker werdende Schicht aus abgestorbenen Pflanzen ab. Durch das sehr saure Milieu verstärkt sich dieser Effekt. 

Die Entstehung von Torf geht extrem langsam vor sich. Als Durchschnittswert für die Torfablagerung in einem Moor ist ein Mittelwert von 1 mm pro Jahr anzusetzen (bis zu 10 mm = 1 cm pro Jahr sind auch bekannt). Die Entstehung des norddeutschen Teufelsmoores bei Worpswede benötigte ca. 8.000 Jahre (2). Ganze 1.000 Jahre dauert es, bis sich eine einen Meter dicke Torfschicht gebildet hat.

Torffreie Erde zu verwenden bedeutet aktiven Klima- und Artenschutz!

Pflanzen betreiben Fotosynthese. Das bedeutet, dass sie das Kohlendioxid aus der Luft mit Hilfe von Sonnenenergie und unter Verbrauch von Wasser in Kohlenstoffverbindungen (Zucker) einbauen und in ihrer Biomasse speichern. Bei der normalen Zersetzung abgestorbener Pflanzenbestandteile, wird das gebundene Kohlendioxid dann wieder freigesetzt. Da die Pflanzenreste im Moor aber so gut wie nicht zersetzt werden, bleibt das Kohlendioxid im Torf gebunden. Moore sind deshalb gigantische Kohlendioxidspeicher. So können in einem Hektar Moorboden 2 – 4 t Kohlenstoffdioxid gespeichert werden (5). Noch eindrucksvoller ist der Vergleich der Kohlenstoffdioxidspeicherkapazität von Mooren und Wäldern. Obwohl Moore nur drei Prozent der Landfläche unserer Erde bedecken, binden sie doppelt soviel Kohlenstoff wie alle Wälder dieser Welt zusammen (6)!

Wenn Moore für die Gewinnung von Torf trockengelegt und damit zerstört werden, kommen die gestoppten Zersetzungsprozesse wieder in Gang. Das gespeicherte Kohlendioxid wird also wieder freigesetzt und verstärkt den Treibhauseffekt. Zusätzlich kann im zerstörten, trocken gelegten Moor kein weiteres Kohlendioxid aus der Atmosphäre mehr gebunden werden. Torfabbau befeuert also massiv den Klimawandel. Darüber hinaus sind Moore wichtige Lebensräume und Rückzugsräume für seltene Tier- und Pflanzenarten wie Birkhuhn und Sonnentau.  Es versteht sich also von selbst dass wir dringend damit aufhören müssen, weitere Moore durch Torfabbau zu plündern. Wir müssen sogar noch weiterdenken und versuchen bereits zerstörte Moorlandschaften oder Ackerflächen, die durch Austrocknung von Mooren gewonnen wurden, durch Wiedervernässung zu renaturieren und somit die verloren gegangene Kohlendioxidspeicher wiederherzustellen.

Gewinnung von Torf bedeutet Zerstörung von Mooren. Quelle Pixabay

Torf wird knapp: Daten und Fakten 

Da Torf sehr langsam entsteht kann die Torfbildung mit dem Torfabbau natürlich nicht Schritt halten. Laut des Industrieverbandes Garten e.V. (IVG) kommt der überwiegende Teil des deutschen Torfs aus Niedersachen. So würden dort auf rund 10.000 Hektar jährlich etwa 8 Millionen Kubikmeter Torf abgebaut; 3,7 Millionen Kubikmeter torfbasierte Rohstoffe und Substrate würden importiert. Bis 2032 wird die verfügbare Abbaumenge in Niedersachsen voraussichtlich auf unter eine Millionen Kubikmeter Torf sinken, denn Torf ist ein endlicher Rohstoff. (4). Unser Torfhunger lässt sich also nicht allein durch unseren eigenen Torf decken. Große Mengen importieren wir deshalb aus anderen Ländern, vor allem aus dem Baltikum, wo dementsprechend weitere Moore zerstört werden.

Circa 52 Prozent der Produkte der deutschen Substratindustrie (etwa 4 Millionen Kubikmeter) sind Kultursubstrate für den Erwerbsgartenbau, 48 Prozent (etwa 3,7 Millionen Kubikmeter) sind Blumenerden für den Hobbygärtner. Bei den Kultursubstraten für den Erwerbsgartenbau haben andere Ausgangsstoffe als Torf nach Angaben der substratherstellenden Industrie einen Anteil von nur 10 Prozent, bei den Blumenerden für den Hobbybereich einen Anteil von immerhin 30 Prozent (4).

Warum findet sich überhaupt Torf in Pflanzenerden?

Jahrhundertelang wurde Torf zunächst als Brennmaterial verwendet. Erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Torf zum Hauptausgangsstoff für gärtnerische Kultursubstrate, also für „Blumenerden“. Denn Torf hat einige physikalische und chemische Eigenschaften, die für das Wachstum von Pflanzen sehr hilfreich sind (1):

  • Zuallererst kann Torf sehr gut Wasser speichern und so den Pflanzen über einen längeren Zeitraum verfügbar machen. Durch seine günstige Porengrößenverteilung gelingt ihm der Spagat zwischen guter Wasserversorgung UND gleichzeitig guter Belüftung. Im Gegensatz zu beispielsweise schwerem Lehmboden kommt es so nicht zu Staunässe und dem Faulen von Wurzeln.
  • Torf ist sauer (niedriger PH Wert). Indem man dem Substrat Kalk zuführt, kann man problemlos jeden gewünschten PH Wert einstellen, also Pflanzensubstrat für die verschiedensten Bedürfnisse herstellen.
  • Pflanzen, die von Natur aus in einem sauren Boden wachsen, werden mit stark torfhaltiger Erde optimal versorgt. Beispiele für solche Moorbeetpflanzen sind Rhododendren, Heide, Hortensien oder Heidelbeeren.
  • Torf ist leicht! Substrat mit einem gewissen Torfanteil lässt sich deshalb sehr gut transportieren und handhaben.
  • Torf ist strukturstabil: Er sackt nicht in sich zusammen, da er sich nicht schnell zersetzt.
  • Torf ist nährstoffarm. Es ist eigentlich „nix drin im Torf“. Ähnlich wie beim PH Wert kann das torfhaltige Substrat durch Zugabe von Nährstoffen individuell an die Bedürfnisse unterschiedlicher Pflanzen angepasst werden.

Wir brauchen Torf nicht, denn es gibt sehr gute Alternativen!

Es gibt einige Rohstoffe, die, im richtigen Verhältnis gemischt, ebenso die Bedürfnisse unserer Pflanzen befriedigen können, wie Torf, so dass überhaupt keine Notwendigkeit besteht weiterhin Erde mit Torfzuschlägen anzubieten.

Diese Zusatzstoffe sind: Kompost, Holzfaser, Rindenhumus, verschiedene Kokos-Materialien sowie Sand, Lavagranulat und Tonminerale, Xylit und Perlit.

Hier die Eigenschaften der wichtigsten Rohstoffe in Kurzform. Wenn du ausführlich weiterlesen möchtest, klicke auf den Link unter der Liste.

  • Kompost: Enthält alle wichtigen Nährstoffe in ausgewogenem Verhältnis.
  • Rindenhumus: Nimmt Wasser und Nährstoffe gut auf und gibt sie langsam an die Pflanzen ab. Rindenhumus ist ein Nebenprodukt der Holzverarbeitung und wird meistens aus Fichtenrinde hergestellt, dabei viel feiner zerkleinert als Rindenmulch.
  • Holzfasern: Sorgen mit ihrer lockeren, feinkrümeligen Struktur für eine gute Durchlüftung der Erde.
  • Kokosfaser: Behalten ihre Struktur sehr lange und verhindern daher die Verdichtung der Erde. Zusätzlich nehmen sie auch nach langer Trockenheit gut und schnell Wasser wieder auf. Kokosfasern haben den Nachteil sehr langer Transportwege, dennoch ist ihre CO2-Bilanz deutlich besser als die von Torf.

Du möchtest es genauer wissen? Schau hier:

Torfersatzstoffe

Was kannst du tun?

Die Fakten liegen auf dem Tisch, aber es kann frustrieren wie langsam sich der notwendige Wandel hin zu torffreien Pflanzsubstraten vollzieht. Aber du bist nicht machtlos, sondern du hast als Verbraucher bei diesem Prozess eine wichtige Steuerfunktion. In dem du konsequent auf torfhaltige Erde verzichtest, erhöhst du die Nachfrage nach torffreien Produkten und beschleunigst das Umdenken!

Achte dabei darauf, dass du wirklich torffreie und nicht nur torfreduzierte Erde kaufst. Auch sie enthält leider noch jede Menge Torf. Auch der Aufdruck „bio“ bedeutet nicht, dass die Erde torffrei ist. Wo wirklich kein Torf drin ist, ist immer der Aufdruck „torffrei“ drauf. Ich habe dir am Ende einen Einkaufsführer für torffreie Erden verlinkt. Leider ist es bei torffreier Erde wie mit Bioprodukten: Das was eigentlich die Regel sein müsste, weil es für uns langfristig die wenigsten Folgekosten verursacht indem es Klima und Böden schont, ist teurer als die umweltschädliche Alternative. Ich kann nur hoffen, dass irgendwann das Bewusstsein für die wahren Kosten von industrieller Landwirtschaft und torfraubbau die breiten Masse erreicht und sich diese Situation dreht.

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) informiert im Rahmen seiner Aktion „wir gärtnern ohne Torf“ ausführlich zum Thema. Hier kannst du auch Teil des Netzwerks werden und mit einem Informationsschild andere Gartenbesitzer auf das Thema aufmerksam machen. Je mehr Menschen auf das Thema aufmerksam werden, desto besser!  Mein Zukunftsgarten ist deswegen bereits Teil dieses Netzwerkes:

Nabu Netzwerk „Wir gärtnern ohne Torf“

Zusätzlich zum Verzicht auf torffreie Erde solltest du versuchen Pflanzen für deinen Garten in Gärtnereien zu kaufen, die bei der Zucht ihrer Pflanzen bereits auf Torf verzichten. Das ist leider äußerst schwierig und klappt am ehesten in Biogärtnereien. Aber auch das Nachfragen in der „Gärtnerei um die Ecke“ kann den wichtigen Prozess des Umdenkens fördern. Eine gute Alternative ist es, Stauden und Gemüsepflanzen einfach selber vorzuziehen anstatt sie zu kaufen. So hast du die Wahl des Substrates selber in der Hand und sparst noch dazu jede Menge Geld. Auch die Direktaussaat im Garten klappt oft sehr gut.

Wie sieht es aus mit den Moorbeetpflanzen wie Hortensien & Co? Ein Zukunftsgarten zeichnet sich dadurch aus, dass er standortgerecht bepflanzt wird und nicht versucht durch großen Aufwand einen Moorstandort zu simulieren. Es fällt dir vielleicht schwer zu verzichten, weil du Hortensien besonders magst. Aber es gibt dafür wunderschöne andere Pflanzen, die sich in deinem Garten auch ohne Torf sehr wohl fühlen werden und die du sicherlich mindestens genauso ins Herz schließen wirst. Der Preis des Klimaschutzes ist es, dass du auf die Pflanzung von Moorbeetpflanzen in deinem Garten komplett verzichtest.

Kann ich die perfekte Erde auch selber herstellen?

Du besitzt einen eigenen Kompost? Perfekt! Dann kannst du dir das Substrat für die Bedürfnisse verschiedener Pflanzen einfach selber durch Mischen mit Sand, Blähton etc. herstellen. Wie das geht, erfährst du hier:

Komposterde selber mischen; so geht es!

Ausblick in die Zukunft

Was wir als Privatverbraucher tun müssen ist klar. Keine torfbasierten Produkte mehr kaufen, versuchen Pflanzen in Gärtnereien kaufen, die bereits torffreie Substrate nutzen und möglichst unsere Pflanzen aus Samen selber heranziehen. Wie aber sieht es in Sachen Renaturierung von Mooren in Deutschland aus? Denn inzwischen sind fast alle Moore in Deutschland zerstört. Könnte man die Flächen wieder in Moore zurückverwandeln, also renaturieren? Es ist kaum zu glauben, aber trockengelegte Moore machen etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Klimagas-Emissionen aus. Natürlich wollen aber die Betriebe ihre Flächen nicht aufgeben, sondern weiter nutzen weshalb eine Renaturierung meist schwierig ist. Aber vielleicht kann ein Umdenken in der Landwirtschaft ein Weg aus dem Torfdilemma sein.

Ein Lösungsvorschlag dazu könnte die Paludikultur sein. Sie verbindet Wiedervernässung und Klimaschutz mit landwirtschaftlicher Nutzung. Die Einführung in die Praxis ist allerdings noch schwierig, aber die Idee dahinter macht Hoffnung. Weiterlesen kannst du hier:

Paludikultur


Quellen:

Einen Einkaufsführer für torffreie Erden findest du hier:

Wo gibt es torffreie Erde?

Weiterlesen kannst du hier:

https://www.torffrei.info

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