Achtung: Kleine, nützliche Monsterchen

Engerlinge des Rosenkäfers
Engerlinge des Rosenkäfers © Anke Leins

Heute erfährst du, was Engerlinge sind, was sie in deinem Garten anstellen und wie du verschiedene Engerlinge voneinander unterscheiden kannst.

Die Idee zu diesem Beitrag kam mir vor ein paar Tagen in der Baumschule. Vor mir ließ sich eine ältere Dame beraten und da ich eine Bestellung abholen und kurz warten musste, wurde ich Zeugin ihres Gesprächs. Sie hatte einige dicke Engerlinge in einem Schüsselchen dabei und fragte nach, was sie denn gegen sie unternehmen könnte, weil sie doch überall in ihrer Erde wären und sie so nichts pflanzen könne. Die Verkäuferin schlug ihr zur Bekämpfung der Engerlinge den Einsatz von Nematoden (das sind kleine Fadenwürmer) vor, die die kleinen Wichte dann von innen auffressen würden, wies aber darauf hin, dass dafür eine höhere Bodentemperatur vonnöten wäre und im Moment nur „Einsammeln“ als Maßnahme in Frage käme. Ich konnte nicht anders als mich kurz einzumischen und darauf hinzuweisen, dass „DIESE“ Engerlinge, vollkommen harmlos und noch dazu nützlich sind. Leider hat mir die ältere Dame nicht geglaubt. Das ließ mich ein bisschen traurig zurück und deshalb schreibe ich heute, um den anscheinend eher schlechten Ruf der kleinen dicken Monsterchen ins rechte Licht zu rücken.

Was sind Engerlinge und wo findet man sie?

Engerlinge nennt man die Larven bestimmter Käfer (Überfamilie „Blatthornkäfer), darunter die Larven von Mai-, Juni-, Gartenlaub-, Nashorn– und Rosenkäfer und auch die vom Dickmaulrüssler (ich liebe ja solche Namen!). Die Bezeichnung Engerling ist ein sprachgeschichtlich älterer Begriff und bedeutet in etwa „kleiner Wurm„, oder „Made“. Engerling ist also kein arttypischer Begriff, sondern beschreibt nur die optische Erscheinung dieser Larven.

Zur Vorgeschichte aller Engerlinge gehört, dass ein Käferweibchen nach erfolgreicher Paarung im Sommer, Eier in den Boden gelegt hat, aus denen dann kleine „Käferkinder“, die Larven schlüpften. Dazu hat sie sich in deinem Garten Bereiche mit offenem Boden ausgesucht und ist besonders zwischen deinen Gemüsepflanzen, zum Beispiel in deinem Hochbeet, fündig geworden. Dort ist der Boden schön locker, so dass sich die Käferdame zur Eiablage gut eingraben konnte. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven begannen dann schnurstracks zu fressen und dicker zu werden.

Im Boden bleiben Engerlinge dann relativ lange, je nach Art mehrere Jahre. Irgendwann aber verpuppen sie sich und machen eine Gestaltumwandlung (Metamorphose) zum Käfer durch. Der frisch geschlüpfte Käfer gräbt sich dann in deinen Beeten nach oben an die Erdoberfläche und der Zyklus beginnt von neuem.

Gemüsebeete, vor allem Hochbeete, bieten den Käfern und ihren Engerlingen perfekte Bedingungen. Den Käfern wegen des offenen Bodens zur Eiablage, den Engerlingen wegen ihrer Fraßvorlieben.

Was fressen Engerlinge?

Alle Engerlinge fressen gerne abgestorbene, sich zersetzende, pflanzliche Substanz. Besonders in Hochbeeten, die ja einen Schichtaufbau aus Reisig, Laub und Kompost haben, ist der Tisch für sie reich gedeckt. Einige Engerlinge fressen ausschließlich tote Substanz, Nashornkäfer-Engerlinge zum Beispiel bevorzugen totes Holz und Rindenmulch. Aber einige Engerlinge fressen auch gerne an lebenden Wurzeln. Manche z.B. gerne an Wurzeln von Wiesen und Rasengräsern, andere lieben auch Stauden und Gemüsewurzeln, gerne Salat oder Erdbeeren. Wenn Engerlinge an Wurzeln fressen, erkennst du das daran, dass das betroffene Pflänzchen deutlich vor sich hin mickert und bald abstirbt. Zugegeben: Das ist dann schon ein bisschen blöd, wenn man das Gemüse eigentlich selber essen möchte. Und diese wurzelfressenden Engerlinge sind es, die entscheidend zum schlechten Ruf gleich aller Engerlinge beitragen.

Wer frisst was?

Mai- und Junikäfer-Engerlinge fressen auch an den Wurzeln deiner Gemüsepflanzen. Die Engerlinge des Rosenkäfers dagegen, rühren nichts dergleichen an. Sie fressen ausschließlich Pflanzenteile, die bereits abgestorben sind. Dadurch sind Rosenkäfer-Engerlinge sehr nützlich, denn sie helfen dabei, fruchtbaren Humus herzustellen und stehen übrigens unter Naturschutz.

Rosenkäfer in der Blüte von Sorbus Dodong © Anke Leins
Rosenkäfer in der Blüte von Sorbus Dodong © Anke Leins

Wie umgehen mit Engerlingen?

Engerlinge findest du oft im Frühling, wenn du in deinem Hochbeet gräbst und im Anschluss dann die ersten Gemüsepflänzchen setzen möchtest. Rosenkäfer-Engerlinge, die tote Pflanzenteile in wertvollen Humus verwandeln, machen den Boden fruchtbar und helfen dir deshalb beim Gärtnern. Wenn du sie findest, einfach vorsichtig wieder in die Erde setzen und zudecken.

Mai- und Junikäfer-Engerlinge können für deine Gemüsepflänzchen lästig werden. Wenn du sie findest, würde ich sie einfach einsammeln und an einen anderen Ort im Garten umsetzen, an dem sie nicht stören. Wenn du beobachtest, dass bestimmte Pflänzchen vor sich hin welken, lohnt es sich ein bisschen aufzugraben und zu kontrollieren, ob Engerlinge dafür verantwortlich sind. Da sie mit rund 3 cm recht groß sind, findest du sie schnell und kannst sie ziemlich einfach einsammeln und umsiedeln. Meistens hält sich der durch Engerlinge verursachte Schaden insgesamt in Grenzen. Du kannst aber auch verhindern, dass die Käfer überhaupt Eier in deinen Beeten ablegen. Keine Eier- keine Engerlinge! Dazu bedeckst du einfach zur Zeit der Eiablage, im Mai und Juni, dein Beet oder Hochbeet mit einem engmaschigen Netz.

Wie kannst du Engerlinge unterscheiden?

Kommen wir jetzt zur wichtigsten Frage: Du musst nicht alle Engerlinge voneinander unterscheiden können. Am wichtigsten ist es, dass du die Engerlinge von Mai- und Junikäfer, die Fraßschäden an Wurzeln verursachen, von denen des nützlichen Rosenkäfers unterscheiden kannst. Und das geht tatsächlich ganz einfach anhand ihrer Fortbewegung: Die Engerlinge des Mai- und des Junikäfers bewegen sich seitlich gekrümmt fort. Die Engerlinge des Rosenkäfers dagegen in Rückenlage (kein Witz). Die jeweilige Fortbewegung kannst du am besten überprüfen, indem du die gefundenen Engerlinge auf eine glatte Oberfläche legst. Darüber hinaus unterscheiden sich die Engerlinge aber auch optisch. Die des Rosenkäfers haben im Vergleich zu den wurzelfressenden Engerlingen einen dickeren, dunklen Hinterleib und kürzere Beinpaare.

Ich habe eine Übersicht zu den wichtigsten Engerlingen beim BUND Naturschutze in Bayern gefunden, die du dir als PDF Datei herunterladen kannst.

Außerdem habe ich ein You-Tube Video gefunden, das neben einem enthusiastischen (Scherz:-)) Vortrag, auch anschauliche Animationen zum Lebenszyklus der Käfer und zur Fortbewegung der Engerlinge zu bieten hat.

Eine Frage des Gleichgewichtes

In einem naturnahen Garten herrscht ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Arten. Vermehrt sich eine Art stark, nehmen, etwas zeitverzögert, auch die Fressfeinde dieser Art zu. Natürliche Feinde der Engerlinge sind Igel, Spitzmäuse, Maulwürfe und auch Vögel wie der Grünspecht. Kein natürlicher, aber doch ein Feind, ist bei mir auch der Waschbär, der nachts gerne überall, wo er leckere Engerlinge vermutet, tiefe Löcher gräbt. Unser Hochbeet hat deswegen inzwischen einem Käfigaufbau bekommen….und ist dadurch automatisch zu einer Schutzzone nicht nur für Gemüse, sondern auch für alle Engerlinge geworden….was gleichzeitig gut (Rosenkäfer) und schlecht ( Mai- und Junikäfer) ist.

In einem naturnahen Garten kommt es nie zu einem massenhaften Auftreten von Engerlingen. Absammeln störender Engerlinge in Hochbeet & Co reicht daher vollkommen aus. Würdest du Engerlinge mit anderen Mitteln bekämpfen, würdest du automatisch auch den Nützlingen wie dem Igel schaden.

Wenn sich bei dir Engerlinge massenhaft vermehren, dann stimmt etwas Grundsätzliches nicht: Es gibt in deinem Garten kein Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen und du musst überlegen, wie du deinen Garten so gestalten kannst, dass sich mehr Nützlinge bei dir wohlfühlen. Das geht am einfachsten mit der Schaffung „wilder Ecken“ und der Anlage von Hecken aus einheimischen Pflanzen.

Fazit

Jetzt schließt sich der Kreis: Die ältere Dame aus der Baumschule ist leider auf gänzlich falschem Pfad unterwegs und zwar gleich doppelt. Erstens weil sie die nützlichen Rosenkäfer-Engerlinge loswerden möchte und zweitens, weil sie sie nicht nur loswerden, sondern ultimativ vernichten will. Selbst wenn es Mai- oder Junikäferengerlinge gewesen wären, hätte absammeln vollkommen ausgereicht.

Du aber hast bis hierhin gelesen und das freut mich sehr :-)!

Engerlinge müssen nicht deine neuen Lieblingstiere werden. Meine sind es auch nicht. Und du musst auch nicht dein Gemüse an Engerlinge verfüttern. Du darfst es sehr wohl verteidigen! Aber ich möchte dich dazu anregen, sie als Mitlebewesen zu akzeptieren und zu achten und dich dazu einladen, in Zusammenhängen zu denken. Führe dir ihre Rolle im Ökosystem vor Augen oder wenn es dir dabei hilft, dich nicht zu sehr über eine gestorbene Salatpflanze zu ärgern, die auf das Konto der Engerlingbande geht: Denke an den niedlichen Igel, der sie frisst:-)


Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Consent Management Platform von Real Cookie Banner