Wir feiern den internationalen Tag des Unkrauts: Hurra!

He, nicht grummelig werden wegen meines „Hurra“ aus der Überschrift! Auch wenn dein Verhältnis zu Unkraut vielleicht jetzt noch kein Gutes ist, lass dich heute einfach mal darauf ein, dass im Thema Unkraut viel Positives steckt. Tatsächlich freue ich mich immer wie Bolle, wenn ich einen Schottervorgarten sehe, in dem das Unkraut schon dabei ist Terrain zurückzuerobern. Zeigt sich doch daran vor allem eines: Leben findet immer einen Weg! Und das ist, allen schlechten Nachrichten unserer Tage zum Trotz, doch wirklich mal ein Grund zum Feiern, findest du nicht?

Löwenzahn: Leben findet immer einen Weg @ Pixabay
Löwenzahn zeigt uns : Leben findet immer einen Weg @ Pixabay

Am 28. März ist es wieder so weit: Unkraut begeht seinen Ehrentag! Eine Gelegenheit, ihm einmal ein paar Gedanken zu widmen und zu zeigen, dass sich diese für dich lohnen können:-). Dieser Beitrag ist Teil der durch Antje initiierten Blogparade zum Thema Unkraut. Wenn du auch mitmachen möchtest oder mehr Blogartikel zum Thema lesen möchtest, findest du alles wichtige hier.

Zunächst einmal ein seriöser Opener:

Als Unkraut bezeichnet man Pflanzen der spontanen Begleitvegetation in Kulturpflanzenbeständen, Grünland oder Gartenanlagen, die dort nicht gezielt angebaut werden und aus dem Samenpotential des Bodens, über Wurzelausläufer oder über Zuflug der Samen zur Entwicklung kommen. Alternativ wird heute häufig von Beikraut oder Kulturpflanzenbegleitern gesprochen. Die Entfernung von Unkraut mithilfe von Werkzeugen wird als Jäten bezeichnet.
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist das Hauptkriterium, um eine Pflanze als Unkraut zu bezeichnen, dass sie unerwünscht ist.

Wikipedia

Soweit so gut! Das bedeutet also erst einmal, dass du für alle Stellen, an denen bei dir im Garten „Unkraut“ wächst, eigentlich etwas anderes im Sinn hattest. Wie weiter? Vielleicht fange ich ersteinmal mal mit einer Bestandsaufnahme bei mir an: Was fliegt bei mir im Garten so an und welches Verhältnis habe ich dazu? Im zweiten Schritt mache ich dir dann ein paar Vorschläge, wie du dein vielleicht nicht ganz so gutes Verhältnis zu Unkraut verbessern und was du dabei gewinnen kannst.

Auf die Umgebung kommt es an

Liegt dein Garten kuschelig im Zentrum eines größeren Wohngebietes, umgeben von fleißig jätenden Nachbar:innen? Oder gärtnerst du am Feld- oder Waldrand? Die Umgebung bestimmt darüber, was bei dir an Unkrautsamen angeflogen kommt. Meinen Garten kannst du dir als eine Insel innerhalb verschiedener Arten von „Wildnis“ vorstellen. Hangabwärts mündet er in ehemalige Streuuobstwiesen, die seit Jahren sich selbst überlassen, treu dem Pfad der Sukzession folgend, immer mehr zu einem kleinen Wäldchen werden. Was von dort zu mir hereingetragen wird, sind vor allem Baumsamen: Feldahorn, Weißdorn, Hartriegel, Holunder und Waldnuss. Während die Ahornpropeller mit dem Wind hereinsegeln, landen Samen von Weißdorn, Hartriegel und Holunder durch Vögel in meinem Garten, indem letztere die Früchte vernaschen und die Kerne in meinem Garten frech wieder ausscheiden. Für Walnüsse sind wiederum Eichhörnchen verantwortlich, die sie im Herbst überall als Wintervorrat verbuddeln…und viele davon vergessen. In jedem Frühling keimen daher zwischen Sträuchern und Stauden fleißig überall niedliche Baumkinder und wenn ich sie nicht jäten würde, hätte ich längst einen Wald:-)

Ahornsamen @ Pixabay
Ahornsamen @ Pixabay

Meine anderen zwei Nachbarn sind zur rechten ein verwahrloster Garten und zur linken ein „Nicht-Garten“, der aber trotzdem nicht sich selber überlassen bleibt. Beide Flächen werden einmal im Jahr rigoros mit Motorsense gemäht, der „Nicht- Garten“ so radikal, dass der Erdboden im Anschluss jeglicher Vegetation beraubt ist. Dann passiert wieder ein Jahr lang nichts. Was ich nach dem Kahlschlag dann dort jährlich aufs neue beobachten kann, ist die Zurückeroberung durch die Natur: Der nackte Boden, die künstlich erzeugte Brache, wird ratz ratz von Erstbesiedlern, sogenannten Ruderalpflanzen besiedelt: Brennnesseln, Kratzdisteln, Gänsedisteln, Löwenzahn, Kompasslattich…um nur einige zu nennen. Sie bilden allesamt tausendfach Samen und wenn ich später im Jahr, bei einem auffrischenden Wind auf meinem Balkon sitze, schaue ich dabei zu wie ganze Wolken dieser weißen Samen über meinem Garten niedergehen.

Das ist dann der Moment, in dem Gelassenheit das Gebot der Stunde ist!

Löwenzahnsamen @ Pixabay
Löwenzahnsamen @ Pixabay

Mein persönliches Verhältnis zu Unkraut

Trotz der Tatsache, dass also ständig unerwünschte Pflanzen versuchen, in meinem Garten ein Plätzchen zu ergattern, ist mein Verhältnis zu Unkraut ziemlich entspannt. Und nein, ich halte es mir weder mit Unkrautvliesen noch mit Giften vom Leibe, denn beides würde gegen wirklich alles sprechen wofür ich stehe! Ich bekomme natürlich mit, dass sich viele Gartenbesitzer geradezu von Unkraut stressen lassen und dass sie jäten, jäten und abermals jäten und sie dennoch nie lange mit der erreichten Situation zufrieden sind. Vielleicht ist das bei dir auch ganz genau so und damit lasse ich dich natürlich nicht im Regen stehen sondern gebe dir später 5 Tipps wie du das ändern kannst.

Ich habe länger darüber nachgedacht warum ich mich von frustrierten Unkrauthasser:innen unterscheide und ich glaube inzwischen dass es vor allem an einem grundsätzlich anderen Zugang zu diesem Thema liegt, den ich seit Kindesbeinen an habe. Es fängt damit an, dass Unkraut schon im Garten meines Elternhauses kein Thema war. Aufgewachsen bin ich in einem wilden, parkähnlichen, großen Garten mit vielen Bäumen und Strauchzonen, an deren Rändern sich natürliche Saumgesellschaften aus Wildstauden einfinden durften. Ich habe in meiner kompletten Kindheit kein einziges mal eine Baumschule zum Stauden kaufen besucht: In diesem Garten wuchsen ausschließlich Wildstauden, über die Existenz von Zuchtstauden wusste ich: Nichts!

Als ich mich dann für ein naturwissenschaftliches Studium entschied, waren die Pflanzen, die wir in Botanik und Pflanzenökologie kennen lernten, wiederum ausschließlich Wildpflanzen. Schon im zweiten Semester legten wir ein umfangreiches Herbarium, eine Sammlung getrockneter Wildpflanzen an, um kennen zu lernen was an den verschiedenen Naturstandorten wächst. Später kam in Ökologieseminaren das Wissen um die Bedeutung von Zeigerplanzen dazu. Jede Pflanze wächst bevorzugt an einem ganz bestimmten, für sie optimalen Standort. Je nach Pflanzenart unterschiedet sich dieser stark und besonders spannend sind die Pflanzen, die nur in „engen“ Bedingungen wachsen. Während eine Art bevorzugt auf saurem Boden wächst, findet man andere nur auf Kalk. Wenn man dies weiß, kann man nur anhand der an einem Standort vorkommenden Pflanzen und Pflanzengesellschaften Rückschlüsse auf Bodenart und andere Standortbedingungen wie Feuchtigkeit, Beleuchtungssituation, Nährstoffgehalt usw. treffen ohne weitere Untersuchungen anstellen zu müssen. Vielleicht hast du schon mal gehört, dass zum Beispiel Brennnesseln ein Anzeiger von viel Stickstoff im Boden sind.

Erst viel später, mit dem Besitz eines eigenen Gartens und der Auseinandersetzung mit dem Thema Gartengestaltung, lernte ich „Gartenpflanzen“ kennen, von denen viele Zuchtformen von Wildpflanzen sind. Einige davon können unsere Gärten tatsächlich bereichern, anderen stehe ich auf Grund ihres geringeren ökologischen Wertes jedoch kritisch gegenüber. Oftmals sind bestimmte Eigenschaften, wie beispielsweise die Blütengröße, züchterisch besonders herausgestellt worden, während andere Eigenschaften, wie die Widerstandsfähigkeit dabei zu kurz kamen. Viele Sorten sind zudem steril, d.h. man hat mit Mutationen der Blüten weitergezüchtet, bei denen keine Staubgefäße mehr ausgebildet werden. Solche Blüten sind oft besonders groß und bilden keine Samen aus, was sich viele Gärtnernde im Hinblick auf Pflegeleichtigkeit wünschen. Für die Tierwelt haben solche Züchtungen nichts mehr zu bieten und du solltest sie deshalb auch nicht pflanzen.

Bei den meisten Gärtner:innen, läuft die Entwicklung genau anders herum. Zuerst entdecken sie, was die Gartenmärkte im Angebot haben, erst später die ein oder andere Wildpflanze. Ich erlebe täglich, dass viele Menschen das, was in der Natur um sie herum wächst, kaum noch kennen. Sie kommen oft erst unfreiwillig, bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Unkraut, wieder damit in Kontakt.

Unkraut ist eine Frage von Definition und Perspektive

Wenn wir uns darauf einigen, dass mit Unkraut das gemeint ist, was dort wächst, wo wir eigentlich etwas anderes geplant hatten, dann wird Unkraut zur Frage der persönlichen Perspektive. Während ich Pflanzen wie Wilde Möhre, Knoblauchsrauke und Akelei ganz bewusst in meinem Garten willkommen heiße, sind sie in anderen Gärten vielleicht ungebetene Gäste. Die Grenze zwischen Kultur und Natur ist eine Willkürliche und es lohnt sich, sie zu verschieben! Meine Liebe zur Gartengestaltung gründet in meiner Liebe zur Natur und einer tief empfundenen Verbundenheit seit Kindesbeinen an. Ich empfinde es als Privileg, Natur in meinem eigenen Garten Willkommen zu heißen und sehe sie nicht als Plage, die mein persönliches Refugium übernehmen will. Ich gärtnere dabei aber keineswegs ausschließlich mit Wildpflanzen, sondern ebenso auch mit Zuchtformen, wenn sie eine wertvolle Ergänzung darstellen. Mir dabei die Natur zum Vorbild zu nehmen und dennoch auch persönliche, ästhetische Gesichtspunkte zu verfolgen, ist für mich beim Gärtnern kein Widerspruch oder anders ausgedrückt: Naturnah zu gärtnern heißt nicht, den Garten machen zu lassen was er will:-)

Mit Unkraut umgehen: Sieh es als Lernchance!

Unkraut jäten- Mühsam aber unumgänglich? @ Pixabay
Unkraut jäten- Mühsam aber unumgänglich? @ Pixabay

Wenn sich bei dir im Garten ein Kraut breitmacht, was dort nicht erwünscht ist, dann ist das erstmal für dich, verständlicher Weise, kein Grund zum Feiern. Du bist wahrscheinlich genervt, beißt in den sauren Apfel, greifst zu deinen Jätwerkzeugen und versuchst den ungebetenen Gast möglichst gründlich zu eliminieren und dauerhaft loszuwerden. Vielleicht hast du das immer und immer wieder schon so gemacht und bist inzwischen frustriert und resigniert. Dann würde ich jetzt vorschlagen: Stopp mit weiter so! Halte statt dessen inne und entwickle eine neue Strategie. Unkraut kann nämlich deine Lernchance sein! Ernsthaft? Ja! Tatsächlich kannst du nämlich von ungebetenen Gästen sehr viel lernen und sie können dir letztendlich sogar helfen, dich Schritt für Schritt deinem Wunschgarten anzunähern. Das klingt nicht schlecht? Ist es auch nicht! Schauen wir es uns jetzt einmal genauer an wie das geht:

Wie du ab jetzt mit Unkraut umgehen kannst: Dein 5 Punkte Plan

Anstatt das ungebetene Pflänzchen sofort zu jäten, lässt du es in Zukunft erst einmal weiter wachsen. Und zwar so lange bis du entweder erkennst, was es für eine Pflanze ist, oder es bestimmen kannst. Dafür kannst du eine App wie Flora Incognita verwenden, Bücher wie „Unkraut- Ex“, oder „Wird das was oder kann das weg?“, in dem du Abbildungen ( Fotos oder Zeichnungen) der Entwicklungsstadien von Unkräutern siehst, die du mit deinen Neubürgern vergleichen kannst, oder Bestimmungsbücher wie „Was blüht den da“. Auf diese Weise lernst du heimische Wildplanzen kennen und kannst dann in Ruhe entscheiden ob dir das Pflänzchen gefällt, oder nicht. Dabei ist keine Eile geboten, denn es dauert ein bisschen, bis der ungebetene Gast blüht und seine Samen durch deine Beete schleudert. Vielleicht ist auch die Anlage eines Herbariums (s. Infobox) etwas, das dir Spaß machen könnte.

Ein Beispiel: Ein Freundin schickte mir kürzlich ein Foto von Scharbockskraut mit der Frage: Unkraut oder darf es bleiben? Bestimmt hatte sie es bereits richtig mit der App Flora Incognita. Meine Antwort kam postwendend: Definitiv behalten und drüber freuen. Scharbockskraut ist nämlich ein schöner Bodendecker, mit gelben Sternchenblüten, der frühe Bienennahrung liefert und nicht lästig wird. Ähnlich willkommen heiße ich kriechenden Günsel, Gundermann. Buschwindröschen und Lerchensporn.

Definitiv und schnellstmöglich nach dem du sie erkannt hat, entfernen würde ich: Kompasslattig, Kratzdistel, Gänsedistel, Greiskraut, Löwenzahn, kriechenden Hahnenfuß und Quecke.

Hier noch einmal die vorgeschlagenen Bücher und jeweils eine Bezugsquelle

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Herbarium

Was ist das und warum lohnt es sich? Ein Herbarium ist eine systematisch angelegte Sammlung gepresster und getrockneter Pflanzen und Pflanzenteile. Du versuchst von einer Pflanze möglichst Blätter, Blüten und Stängel, sofern vorhanden auch Samen und, sofern nicht zu fleischig, auch die Wurzel zu „ernten“. Nachdem du die Pflanzen vollständig getrocknet hast, klebst du sie auf einem Bogen festem Tonpapier ein. Nun folgt die Beschriftung: Du notierst den Namen der Pflanze, das Funddatum und fügst eine kleine Beschreibung des Standortes dazu. Zum Beispiel: Im Halbschatten am Waldrand. Zum Trocknen kannst du Zeitung verwenden und einen Stapel Bücher zum Beschweren. Mit der Zeit erhält du so eine wunderschöne Sammlung der Wildpflanzen deines Gartens und deiner Gegend. Und weil du sie selber gesammelt, bestimmt und beschriftet hat, kannst du sie dir besser merken und sie später wiedererkennen.

Hier findest du eine Anleitung wie du bei der Anlage eines Herbariums vorgehst.

Ich kann es dir gar nicht oft genug ans Herz legen: Es lohnt sich Wildkräuter kennen zu lernen. Erstens garantiere ich dir, dass du viele davon so bezaubernd finden wirst, dass du sie anschließend bewusst in deinem Garten ansiedeln möchtest. Zweitens können sie dir zeigen, welche Bedingungen an den verschiedenen Standorten in deinem Garten herrschen! Unkräuter sind Wildkräuter, die sich in einem langen, evolutionären Prozess an ihren Standort (Boden- Lichtverhältnisse) angepasst haben. In der Regel machen sich ungebetene Gäste gerade deshalb in deinen Beeten breit, weil der Standort zu ihren Ansprüchen viel besser passt, als zu den von dir ausgesuchten Pflanzen. Wenn du die Bedingungen deines Standortes (Nährstoffgehalt, Bodenfeuchtigkeit usw. ) kennst, bis du viel Besser in der Lage, Pflanzen auszusuchen, die sich dort wirklich wohlfühlen und auch gegenüber Konkurrenz behaupten können.

Zeigerpflanzen

Was du von Wildpflanzen über deinen Standort lernen kannst: Zeigerpflanzen (Indikatorpflanzen) sind  Pflanzenarten mit einer geringen ökologischen Potenz, das heißt mit einer geringen Toleranz gegenüber Veränderungen ihrer Lebensbedingungen. Sie geben deshalb unter anderem gute Hinweise auf die Beschaffenheit des Untergrundes und Bodens, auf dem sie wachsen, auf die klimatischen Bedingungen oder auf die Einträge von Luftschadstoffen, und gehören damit zu den so genannten Bioindikatoren (@ Wikipedia).

Hör auf mit frustrierendem „weiter so“, wenn dich Unkraut nervt! Neubürger machen sich in deinen Beeten breit, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Du kannst es ihnen also nicht zum Vorwurf machen, sondern du selber bist es, der ihnen die Gelegenheit anbietet.

Das bedeutet einerseits, dass dein geplantes Beet so wie es jetzt ist, noch nicht funktioniert, die von dir angelegte Pflanzengesellschaft so noch nicht „stabil“ ist. Viele GartenbesitzerInnen probieren alles mögliche aus, haben fixe Vorstellungen von Lieblingspflanzen, Bildern aus Hochglanzkatalogen und Landesgartenschauen im Kopf und geben irgendwann frustriert mit dem Satz auf: „Ich habe halt einfach keinen grünen Daumen“. Du kannst sicher sein, dass dein Daumen nicht Schuld am Scheitern ist, Natürlich ist dein Garten immer ein künstlich angelegtes Refugium, und keine ursprüngliche Natur. Aber je mehr er sich am Vorbild der Natur und an den in ihr vorkommenden Pflanzengesellschaften orientiert, desto mehr wird er sich von selber regulieren und braucht nicht mehr so oft deine eingreifende, regulatorische Hand (mit Unkrauthacke). Oder anders gesagt: Je weiter du dich beim Gärtnern von der Natur entfernst, desto stärker wird Unkraut zu deinem Thema. Natur kennt keine Leerstellen und keinen dauerhaft unbewachsenen Boden. Ich sehe oft Gärten, in denen Prachtstauden wie Zuchtrittersporn gepflanzt werden, daneben zum Beispiel Edelrosen, dazwischen viel nackter, akkurat freigejäteter Boden. Eine solche Einladung zur Wiederbesiedelung nimmt die Natur sofort an. Und ratz fatz ist der nackte Boden wieder grün. Der Zuchtrittersporn verschwindet bald, sofern sich nicht ständig um ihn mit Hilfe von Dünger und Gießwasser gekümmert wird, weil er einfach nicht für diesen Standort geeignet ist. Du solltest also inne halten und deine generelle Beetplanung neu überdenken. Wie macht es die Natur? Sie schafft Gesellschaften aus hohen Stauden, mittelhohen Stauden, Gräsern, und Bodendeckern. Für jeden Platz gibt es eine Pflanze, die genau für ihn geschaffen ist. Nach diesen Kandidaten musst du Ausschau halten!

Mit welchen Tricks vermeidest du es, dass sich ungebetene Gäste bei dir breitmachen?

  1. Recherchiere genau und bepflanze passend zu deinem Standort (welchen Boden hast du? Wie sind die Lichtverhältnisse?)
  2. Achte auf das Wuchsverhalten der Pflanzen und die Funktionen im Beet! (Wie hoch und breit wird die Pflanze? Welche Pflanzabstände sind die richtigen? Wie konkurrenzstark ist die Pflanze? Ist es eine Leitstaude, Füllstaude, ein Bodendecker?)
  3. Verändere den Standort so, dass sich Unkraut nicht mehr wohlfühlt! Löwenzahn ist ein Beispiel für eine Pflanze, die sich auf nährstoffreichen Standorten prächtig entwickelt, auf nährstoffarmen Standorten dagegen weniger. Wenn du also dein Beet mit Sand und Splitt zu einem nährstoffarmen Standort machst, trickst du Unkraut aus. Nach diesem Prinzip sind viele Verkehrsinseln und Kreisel bepflanzt. Oftmals findest du hier mageres Substrat aus Lavagranulat oder Schotter und tatsächlich zwischen den gewollten Pflanzen erstaunlich wenig Unkraut. Boden abmagern nennt man diese Strategie.
  4. Lasse keinen Platz für Unkraut- nutze Bodendecker! Nackter Boden ist immer eine Einladung für Unkraut. In meinem Steilhang habe ich mich daher für eine dichte Bepflanzung aus verschiedenen Sträuchern entschieden. Unter anderem wachsen hier Böschungsmyrthen, schwarzer Geißklee, Blasenstrauch, Färberginster, Wildrosen und Strauchkronwicken dicht ineinander, kühlen den Boden und geben der Ansiedelung von Unkraut keine Chance. In Staudenbeeten übernehmen bodendeckende Stauden diese Funktion.
  5. Baue Barrieren- sorge für Beeteinfassungen! Kantenbleche sind beispielsweise eine gute Möglichkeit, Stauden und Strauchflächen von Rasenflächen abzugrenzen. Bleche funktionieren wie eine Wurzelsperre und verhindern das Einwandern von Gras, Klee, Gänseblümchen usw. aus deinen Mähflächen in deine Beete.

Natur ist fortwährende Veränderung, niemals verharrt Leben lange in einem Zustand. Auch wenn dein Garten ein von dir geschaffenes Reich ist, gehorcht er dennoch natürlichen Gesetzmäßigkeiten. Du kannst die Entwicklungen lenken, ein bisschen zähmen vielleicht, aber es wird dir nur mit viel Auffand- und letztendlich Frust gelingen, deinen Garten in einem fixen Zustand zu halten. Bäume und Sträucher wachsen und verändern die Bedingungen um sich herum. Stauden (Einjährige, Zweijährige) verschwinden an einer Stelle, versamen sich, erscheinen an einer anderen Stelle erneut. Diese Dynamik hat einen unschätzbaren Wert, denn durch sie ist dein Garten in der Lage, sich wechselnden Bedingungen selber anzupassen. Es geht beim entspannten Gärtnern also immer auch darum, ein Verständnis und eine Wertschätzung für Veränderung zu entwickeln und Kontrolle abzugeben. Ich kann mich darüber ärgern, dass sich Pflanzenkinder von wilder Möhre, Karde und Königskerze auf meinen Wegen breit machen, oder ich kann mich freuen, dass mein Garten lebt und mit Leben um sich schmeißt. Und tatsächlich sind die Wege dann jedes Jahr immer wieder erstaunlich schnell freigejätet:-)

Fazit

Ja, auch in meinem Garten verbringe ich Zeit damit, Pflanzen dort zu entfernen, wo sie mir oder den Wunschschützlingen im Weg sind. Doch eigentlich ist es relativ wenig Zeit und es ärgert mich nicht. Da ich die 5 Tipps selber beherzige, muss ich bei meinen etablierten Staudenpflanzungen nur noch wenig eingreifen. In der Regel erledige ich das nach dem Winter, in einem Aufwasch mit den Herunterschneiden der „Wintersteher“. Klar übersehe ich auch regelmäßig mal einen Kompasslattig, der es dann doch schafft, sich üppig auszusäen. Ich bleibe trotzdem entspannt, weil es am Ende nur wenige dieser Samen schaffen, sich tatsächlich gegenüber allen erwünschten Pflanzen durchzusetzen. Ich habe viel Staudennachwuchs in meinen Rasenflächen, die ich deswegen einfach „Mähflächen“ nenne. Disteln und Karden entferne ich, weil sie mich beim Barfußlaufen ärgern, alles andere bekommt einen Kurzhaarschnitt und darf bleiben, oder wird verschenkt.

Auf diese Weise wird zum Beispiel aus einer unerwünschten Königskerze mitten auf einem Weg, also per Definition und Situation, einem Unkraut- eine Wunschgartenflpanze im Beet einer Freundin: Das ist gelebter Perspektivwechsel!


1 Kommentar

  1. Liebe Anke,

    was für ein schöner, informativer und persönlicher Beitrag zur Unkrautblogparade! Dein Beitrag bietet eine erfrischende und fundierte Perspektive – inmitten der üblichen Diskussionen über „pflegeleichte unkrautfreie Schottergärten“.

    Dein 5-Punkte-Plan für den Umgang mit Unkraut finde ich sehr hilfreich und praxisnah. Mir gefällt dein entspannter Ansatz, Unkraut als Lernchance zu sehen, anstatt es nur zu bekämpfen. 😊🌱

    Unkraut ist wirklich eine Frage der Definition! Ich freue mich darauf, mit dir den Tag des Unkrauts zu feiern und weiterhin deine inspirierenden Beiträge zu lesen – Hurra! 🥳

    Liebe Grüße
    Antje

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