He, nicht grummelig werden wegen meines „Hurra“ aus der Überschrift! Auch wenn dein Verhältnis zu Unkraut vielleicht jetzt noch kein Gutes ist, lass dich heute einfach mal darauf ein, dass im Thema Unkraut viel Positives steckt. Tatsächlich freue ich mich immer wie Bolle, wenn ich einen Schottervorgarten sehe, in dem das Unkraut schon dabei ist Terrain zurückzuerobern. Zeigt sich doch daran vor allem eines: Leben findet immer einen Weg! Und das ist, allen schlechten Nachrichten unserer Tage zum Trotz, doch wirklich mal ein Grund zum Feiern, findest du nicht?

Am 28. März ist es wieder so weit: Unkraut begeht seinen Ehrentag! Eine Gelegenheit, ihm einmal ein paar Gedanken zu widmen und zu zeigen, dass sich diese für dich lohnen können:-). Dieser Beitrag ist Teil der durch Antje initiierten Blogparade zum Thema Unkraut. Wenn du auch mitmachen möchtest oder mehr Blogartikel zum Thema lesen möchtest, findest du alles wichtige hier.
Zunächst einmal ein seriöser Opener:
Als Unkraut bezeichnet man Pflanzen der spontanen Begleitvegetation in Kulturpflanzenbeständen, Grünland oder Gartenanlagen, die dort nicht gezielt angebaut werden und aus dem Samenpotential des Bodens, über Wurzelausläufer oder über Zuflug der Samen zur Entwicklung kommen. Alternativ wird heute häufig von Beikraut oder Kulturpflanzenbegleitern gesprochen. Die Entfernung von Unkraut mithilfe von Werkzeugen wird als Jäten bezeichnet.
Wikipedia
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist das Hauptkriterium, um eine Pflanze als Unkraut zu bezeichnen, dass sie unerwünscht ist.
Soweit so gut! Das bedeutet also erst einmal, dass du für alle Stellen, an denen bei dir im Garten „Unkraut“ wächst, eigentlich etwas anderes im Sinn hattest. Wie weiter? Vielleicht fange ich ersteinmal mal mit einer Bestandsaufnahme bei mir an: Was fliegt bei mir im Garten so an und welches Verhältnis habe ich dazu? Im zweiten Schritt mache ich dir dann ein paar Vorschläge, wie du dein vielleicht nicht ganz so gutes Verhältnis zu Unkraut verbessern und was du dabei gewinnen kannst.
Auf die Umgebung kommt es an
Liegt dein Garten kuschelig im Zentrum eines größeren Wohngebietes, umgeben von fleißig jätenden Nachbar:innen? Oder gärtnerst du am Feld- oder Waldrand? Die Umgebung bestimmt darüber, was bei dir an Unkrautsamen angeflogen kommt. Meinen Garten kannst du dir als eine Insel innerhalb verschiedener Arten von „Wildnis“ vorstellen. Hangabwärts mündet er in ehemalige Streuuobstwiesen, die seit Jahren sich selbst überlassen, treu dem Pfad der Sukzession folgend, immer mehr zu einem kleinen Wäldchen werden. Was von dort zu mir hereingetragen wird, sind vor allem Baumsamen: Feldahorn, Weißdorn, Hartriegel, Holunder und Waldnuss. Während die Ahornpropeller mit dem Wind hereinsegeln, landen Samen von Weißdorn, Hartriegel und Holunder durch Vögel in meinem Garten, indem letztere die Früchte vernaschen und die Kerne in meinem Garten frech wieder ausscheiden. Für Walnüsse sind wiederum Eichhörnchen verantwortlich, die sie im Herbst überall als Wintervorrat verbuddeln…und viele davon vergessen. In jedem Frühling keimen daher zwischen Sträuchern und Stauden fleißig überall niedliche Baumkinder und wenn ich sie nicht jäten würde, hätte ich längst einen Wald:-)

Meine anderen zwei Nachbarn sind zur rechten ein verwahrloster Garten und zur linken ein „Nicht-Garten“, der aber trotzdem nicht sich selber überlassen bleibt. Beide Flächen werden einmal im Jahr rigoros mit Motorsense gemäht, der „Nicht- Garten“ so radikal, dass der Erdboden im Anschluss jeglicher Vegetation beraubt ist. Dann passiert wieder ein Jahr lang nichts. Was ich nach dem Kahlschlag dann dort jährlich aufs neue beobachten kann, ist die Zurückeroberung durch die Natur: Der nackte Boden, die künstlich erzeugte Brache, wird ratz ratz von Erstbesiedlern, sogenannten Ruderalpflanzen besiedelt: Brennnesseln, Kratzdisteln, Gänsedisteln, Löwenzahn, Kompasslattich…um nur einige zu nennen. Sie bilden allesamt tausendfach Samen und wenn ich später im Jahr, bei einem auffrischenden Wind auf meinem Balkon sitze, schaue ich dabei zu wie ganze Wolken dieser weißen Samen über meinem Garten niedergehen.
Das ist dann der Moment, in dem Gelassenheit das Gebot der Stunde ist!

Mein persönliches Verhältnis zu Unkraut
Trotz der Tatsache, dass also ständig unerwünschte Pflanzen versuchen, in meinem Garten ein Plätzchen zu ergattern, ist mein Verhältnis zu Unkraut ziemlich entspannt. Und nein, ich halte es mir weder mit Unkrautvliesen noch mit Giften vom Leibe, denn beides würde gegen wirklich alles sprechen wofür ich stehe! Ich bekomme natürlich mit, dass sich viele Gartenbesitzer geradezu von Unkraut stressen lassen und dass sie jäten, jäten und abermals jäten und sie dennoch nie lange mit der erreichten Situation zufrieden sind. Vielleicht ist das bei dir auch ganz genau so und damit lasse ich dich natürlich nicht im Regen stehen sondern gebe dir später 5 Tipps wie du das ändern kannst.
Ich habe länger darüber nachgedacht warum ich mich von frustrierten Unkrauthasser:innen unterscheide und ich glaube inzwischen dass es vor allem an einem grundsätzlich anderen Zugang zu diesem Thema liegt, den ich seit Kindesbeinen an habe. Es fängt damit an, dass Unkraut schon im Garten meines Elternhauses kein Thema war. Aufgewachsen bin ich in einem wilden, parkähnlichen, großen Garten mit vielen Bäumen und Strauchzonen, an deren Rändern sich natürliche Saumgesellschaften aus Wildstauden einfinden durften. Ich habe in meiner kompletten Kindheit kein einziges mal eine Baumschule zum Stauden kaufen besucht: In diesem Garten wuchsen ausschließlich Wildstauden, über die Existenz von Zuchtstauden wusste ich: Nichts!
Als ich mich dann für ein naturwissenschaftliches Studium entschied, waren die Pflanzen, die wir in Botanik und Pflanzenökologie kennen lernten, wiederum ausschließlich Wildpflanzen. Schon im zweiten Semester legten wir ein umfangreiches Herbarium, eine Sammlung getrockneter Wildpflanzen an, um kennen zu lernen was an den verschiedenen Naturstandorten wächst. Später kam in Ökologieseminaren das Wissen um die Bedeutung von Zeigerplanzen dazu. Jede Pflanze wächst bevorzugt an einem ganz bestimmten, für sie optimalen Standort. Je nach Pflanzenart unterschiedet sich dieser stark und besonders spannend sind die Pflanzen, die nur in „engen“ Bedingungen wachsen. Während eine Art bevorzugt auf saurem Boden wächst, findet man andere nur auf Kalk. Wenn man dies weiß, kann man nur anhand der an einem Standort vorkommenden Pflanzen und Pflanzengesellschaften Rückschlüsse auf Bodenart und andere Standortbedingungen wie Feuchtigkeit, Beleuchtungssituation, Nährstoffgehalt usw. treffen ohne weitere Untersuchungen anstellen zu müssen. Vielleicht hast du schon mal gehört, dass zum Beispiel Brennnesseln ein Anzeiger von viel Stickstoff im Boden sind.
Erst viel später, mit dem Besitz eines eigenen Gartens und der Auseinandersetzung mit dem Thema Gartengestaltung, lernte ich „Gartenpflanzen“ kennen, von denen viele Zuchtformen von Wildpflanzen sind. Einige davon können unsere Gärten tatsächlich bereichern, anderen stehe ich auf Grund ihres geringeren ökologischen Wertes jedoch kritisch gegenüber. Oftmals sind bestimmte Eigenschaften, wie beispielsweise die Blütengröße, züchterisch besonders herausgestellt worden, während andere Eigenschaften, wie die Widerstandsfähigkeit dabei zu kurz kamen. Viele Sorten sind zudem steril, d.h. man hat mit Mutationen der Blüten weitergezüchtet, bei denen keine Staubgefäße mehr ausgebildet werden. Solche Blüten sind oft besonders groß und bilden keine Samen aus, was sich viele Gärtnernde im Hinblick auf Pflegeleichtigkeit wünschen. Für die Tierwelt haben solche Züchtungen nichts mehr zu bieten und du solltest sie deshalb auch nicht pflanzen.
Bei den meisten Gärtner:innen, läuft die Entwicklung genau anders herum. Zuerst entdecken sie, was die Gartenmärkte im Angebot haben, erst später die ein oder andere Wildpflanze. Ich erlebe täglich, dass viele Menschen das, was in der Natur um sie herum wächst, kaum noch kennen. Sie kommen oft erst unfreiwillig, bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Unkraut, wieder damit in Kontakt.
Unkraut ist eine Frage von Definition und Perspektive
Wenn wir uns darauf einigen, dass mit Unkraut das gemeint ist, was dort wächst, wo wir eigentlich etwas anderes geplant hatten, dann wird Unkraut zur Frage der persönlichen Perspektive. Während ich Pflanzen wie Wilde Möhre, Knoblauchsrauke und Akelei ganz bewusst in meinem Garten willkommen heiße, sind sie in anderen Gärten vielleicht ungebetene Gäste. Die Grenze zwischen Kultur und Natur ist eine Willkürliche und es lohnt sich, sie zu verschieben! Meine Liebe zur Gartengestaltung gründet in meiner Liebe zur Natur und einer tief empfundenen Verbundenheit seit Kindesbeinen an. Ich empfinde es als Privileg, Natur in meinem eigenen Garten Willkommen zu heißen und sehe sie nicht als Plage, die mein persönliches Refugium übernehmen will. Ich gärtnere dabei aber keineswegs ausschließlich mit Wildpflanzen, sondern ebenso auch mit Zuchtformen, wenn sie eine wertvolle Ergänzung darstellen. Mir dabei die Natur zum Vorbild zu nehmen und dennoch auch persönliche, ästhetische Gesichtspunkte zu verfolgen, ist für mich beim Gärtnern kein Widerspruch oder anders ausgedrückt: Naturnah zu gärtnern heißt nicht, den Garten machen zu lassen was er will:-)
Mit Unkraut umgehen: Sieh es als Lernchance!

Wenn sich bei dir im Garten ein Kraut breitmacht, was dort nicht erwünscht ist, dann ist das erstmal für dich, verständlicher Weise, kein Grund zum Feiern. Du bist wahrscheinlich genervt, beißt in den sauren Apfel, greifst zu deinen Jätwerkzeugen und versuchst den ungebetenen Gast möglichst gründlich zu eliminieren und dauerhaft loszuwerden. Vielleicht hast du das immer und immer wieder schon so gemacht und bist inzwischen frustriert und resigniert. Dann würde ich jetzt vorschlagen: Stopp mit weiter so! Halte statt dessen inne und entwickle eine neue Strategie. Unkraut kann nämlich deine Lernchance sein! Ernsthaft? Ja! Tatsächlich kannst du nämlich von ungebetenen Gästen sehr viel lernen und sie können dir letztendlich sogar helfen, dich Schritt für Schritt deinem Wunschgarten anzunähern. Das klingt nicht schlecht? Ist es auch nicht! Schauen wir es uns jetzt einmal genauer an wie das geht:
Wie du ab jetzt mit Unkraut umgehen kannst: Dein 5 Punkte Plan
Fazit
Ja, auch in meinem Garten verbringe ich Zeit damit, Pflanzen dort zu entfernen, wo sie mir oder den Wunschschützlingen im Weg sind. Doch eigentlich ist es relativ wenig Zeit und es ärgert mich nicht. Da ich die 5 Tipps selber beherzige, muss ich bei meinen etablierten Staudenpflanzungen nur noch wenig eingreifen. In der Regel erledige ich das nach dem Winter, in einem Aufwasch mit den Herunterschneiden der „Wintersteher“. Klar übersehe ich auch regelmäßig mal einen Kompasslattig, der es dann doch schafft, sich üppig auszusäen. Ich bleibe trotzdem entspannt, weil es am Ende nur wenige dieser Samen schaffen, sich tatsächlich gegenüber allen erwünschten Pflanzen durchzusetzen. Ich habe viel Staudennachwuchs in meinen Rasenflächen, die ich deswegen einfach „Mähflächen“ nenne. Disteln und Karden entferne ich, weil sie mich beim Barfußlaufen ärgern, alles andere bekommt einen Kurzhaarschnitt und darf bleiben, oder wird verschenkt.
Auf diese Weise wird zum Beispiel aus einer unerwünschten Königskerze mitten auf einem Weg, also per Definition und Situation, einem Unkraut- eine Wunschgartenflpanze im Beet einer Freundin: Das ist gelebter Perspektivwechsel!
Liebe Anke,
was für ein schöner, informativer und persönlicher Beitrag zur Unkrautblogparade! Dein Beitrag bietet eine erfrischende und fundierte Perspektive – inmitten der üblichen Diskussionen über „pflegeleichte unkrautfreie Schottergärten“.
Dein 5-Punkte-Plan für den Umgang mit Unkraut finde ich sehr hilfreich und praxisnah. Mir gefällt dein entspannter Ansatz, Unkraut als Lernchance zu sehen, anstatt es nur zu bekämpfen. 😊🌱
Unkraut ist wirklich eine Frage der Definition! Ich freue mich darauf, mit dir den Tag des Unkrauts zu feiern und weiterhin deine inspirierenden Beiträge zu lesen – Hurra! 🥳
Liebe Grüße
Antje