Abschiede…

Sackgasse
Quelle: Pixabay

Manchmal geht es im Garten so wie es ist nicht weiter: Er steckt in einer Sackgasse fest und dann ist guter Rat teuer, vor allem wenn man Pflanzen liebt…wovon schreibe ich hier? Von Pflanzen, die an dem Plätzchen, das wir ihnen zugedacht haben, einfach nicht klar kommen und langsam aber sichtbar vor sich hinkümmern. Davon gab es bei mir bis vor kurzem gleich drei Beispiele…einen Bambuswald, eine japanische Zierkirsche und eine Eberesche.

Heute schreibe ich mal stellvertretend für alle anderen Fehlentscheidungen über den Bambuswald. Der ist vor rund 10 Jahren als eine Art Verzweiflungstat entstanden, ohne allzu lange darüber nachzudenken, denn Sichtschutz musste her und zwar schnell. Angrenzend an unser Hangparadies findet sich ein weiterer Hanggarten…wobei die Bezeichnung „Garten“ das ganze wohl nicht trefflich beschreibt. Es ist der Steilhang unserer Nachbarn, wie bei uns zur Hälfte aus Schutt bestehend, oben mit einer ziemlich scheusslichen Baracke verziert…Ruine trifft es vielleicht eher mit einer vor sich hin rostenden Betonmischmaschine als Krönchen. Leider wurde hier nie der Versuch unternommen einen Garten anzulegen. Dabei wären die Möglichkeiten grandios, trotz der Hanglage und trotz des Bauschutts. Ich brauche nur die Augen zu schließen und sehen ein Paradies vor mir. Wenn ich sie jedoch öffne, sehe ich einen Hang, der die meiste Zeit sich selber überlassen wird, bis auf einen Tag im Jahr, an dem äußerst gründlich jedem bisschen Leben mit Motorsense der Garaus gemacht wird. Oft auch noch gerade zu der Zeit, in der sich sämtlicher Schmetterlingsnachwuchs an Brennnessel und Co satt frisst und entwickelt. Warum? Das wissen nur die Nachbarn…vielleicht ist das Motto: Wenn ich es selber nicht nutze, dann soll bitte auch sonst nichts leben dürfen. Das Ergebnis dieser jährlichen Rodung ist dann ein brauner, toter Hang, der sich in der Sommerhitze nur langsam wieder begrünt…bis zur nächsten jährlichen Totalrodung. Damit ist das ganze Elend eigentlich auch mehr als ausreichend beschrieben. Da ich es nicht ändern kann, wollte ich es nicht mehr sehen und pflanzte einen Bambuswald. Zum Glück hatte ich damals noch so viel Verstand dass ich keine ausläuferbildende, sondern mit Fargesia robusta eine horstige Sorte gewählt habe. „Damals“ regnete es im Sommer auch noch öfter, so dass der Bambuswald schnell hoch wurde und man so tun konnte, als gäbe es den Todeshang dahinter gar nicht. Dann kamen die Klimaveränderungen doch ein bisschen schneller als erwartet und es zeigte sich was eigentlich eh absehbar war, dass sich Bambus an einem Südhang nicht wohl fühlt: Im Sommer sah er äußerst kläglich aus, im Winter allerdings regenerierte er sich stets prächtig um dann im Frühling mit doppelter Kraft wieder loszulegen. Seit Jahren war ich nicht wirklich stolz auf meine anfängliche Blitzentscheidung: Bambus hat für die heimische Tierwelt so ziemlich nullkommanull Nutzen, ist ausufernd und erfüllt in trockenen Sommern noch nicht einmal mehr durch Transpiration und Kühlung irgendeine Funktion in meinem Hangökosystem. Damit disqualifiziert er sich für einen Zukunftsgarten in allen Punkten und die daraus resultierende Entscheidung war unumgänglich: Der Bambuswald musste weg!

Bambuswald als Sichtschutz an der Grundstücksgrenze
Bambuswald als Sichtschutz an der Grundstücksgrenze

„Muss weg“ bedeutete in diesem Fall nicht nur mühsames Ausgraben gigantischer Wurzelballen, sondern auch Entfernung vom Grundstück…drei Stockwerke hoch. Wer schon mal versucht hat Bambus verrotten zu lassen wird festgestellt haben, dass sich da nicht wirklich viel tut: Noch ein deutliches Zeichen dafür dass er im heimischen Ökosystem nichts verloren hat. Aus besagten Gründen kapitulierte ich vor dieser Aufgabe und holte mir tatkräftige und leider teure Hilfe: In drei Stunden und mit drei kräftigen Männern war der Bambuswald dann endlich Geschichte. Zack! Weg war er…Jippieiyea!

Nach Rodung klaffte dann eine Riesenlücke an meiner Grundstückgrenze und ich hatte sofort ein Deja-vu: Hilfe! Freier Blick auf den Todeshang: Sichtschutz muss her und zwar schnell! Aber jetzt, 10 Jahre älter, habe ich nicht nur mehr Wissen, sondern auch ein bisschen mehr Geduld und Weitsicht:-)… und ich bin in der Lage mir mal 5 Minuten Gedanken zu machen was an diesem Standort wirklich funktioniert und sich in das Südhang-Zukunftsgarten-Ökosystem einfügen wird.

Meine standortgerechte und zukunftsfähige Neubepflanzung sieht nun so aus: 2x heimische Felsenbirne (Amelanchier ovalis), im unteren Bereich, wo der Boden nicht ganz so stark austrocknet. Zwei veredelte Schlehen (Prunus Spinosa „Reto„) im oberen Bereich Richtung Hangknick und als Abschluss der „Lücke“, schon im Hang, ein wolliger Schneeball (Viburnum lantana). Leider ist auch der verbleibende Baum im Vordergrund ein weiteres Beispiel für eine Sackgasse: Es ist eine heimische Eberesche (Sorbus aucuparia), die unsere heißen Sommer nicht mehr toleriert und deswegen im Kronenbereich bereits abgestorben ist. Da sie allerdings von unten als Strauch austreibt, ist es allemal einen Versuch wert, sie als Strauch zu behalten. Daher habe ich nur den toten Kronenbereich entfernt und den Freiraum neben dem Ebereschenstrauch mit einem artverwandten Zukunftsbaum aufgeforstet: Neu eingezogen ist eine gelbfilzige Mehlbeere (Sorbus aria lutescens), die jetzt schon mit ihrem leuchtend hellgrünen Blattaustrieb ihrem Namen alle Ehre macht.

Neu bepflanzte Grundstücksgrenze
Neu bepflanzte Grundstücksgrenze

Zugegeben….Nach Sichtschutz sieht das jetzt noch nicht aus…aber ich weiß dass es in ein paar Jährchen grandios aussehen wird….und in vielen vielen Jahren immer noch leben wird. Zwischen Mehlbeere und die noch kleinen Felsenbirnen und Schlehen habe ich übrigens eine Saatgutmischung mit einheimischen Arten für einen Wildbienensaum ausgesät, so dass die Brache bis zum Sommer bereits wieder grün und bunt sein wird…denn braune „Todeshänge“, gibts bei mir nicht:-). Dem momentan schön grünen Hang im Hintergrund steht übrigens seine jährliche „Todesrodung“ noch bevor…

Ja…und weil ich mich erstens ziemlich in die gelbfilzige Mehlbeere verliebt habe und zweitens sich wiederholende Elemente in einem Garten besonders reizvoll sind, ist gerade eine zweite gelbfilzige Mehlbeere bei mir eingezogen. Sie ersetzt nun eine halbtote japanische Zierkirsche in meinem Steilhang. Letztere war zwar eine gute, frühe Bienenweide, aber die trockenen Sommer haben sie so geschwächt, dass nach der Blüte nahezu jeder Ast von Monilia befallen war und ich ihrem langsamen Sterben ein rasches Ende bereitet habe. Platz für einen Neuanfang!

Also. Warum dieser Artikel? Weil Fehlentscheidungen, Irrungen und Wirrungen, unkontrollierte Spontankäufe in Baumschulen und Baumärkten nur allzu menschlich sind. Man darf sich eingestehen, wenn man eigenhändig eine Sackgasse geschaffen hat. Wenden und neu anfangen ist aber jederzeit möglich 🙂

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